Die Romanik
Zwischen Gut und Böse
St. Jakob Kirche
Und ich sah: ein Thron stand am Himmel;
[…] Und über dem Thron wölbte sich ein Regenbogen
[…] und in der Mitte, rings um den
Thron, waren vier Lebewesen […] Und jedes
der vier Lebewesen hatte sechs Flügel, außen
und innen voller Augen. Sie ruhen nicht bei
Tag und Nacht, und rufen: Heilig, heilig,
heilig, ist der Herr, der Gott, Der Herrscher
über die ganze Schöpfung; er war, und er ist,
und er kommt. (Apk 4, 1–8)


Was wie das Drehbuch eines neuen Hollywood-Blockbusters von Steven Spielberg klingt, ist ein Auszug aus dem neuen Testament und beschreibt das Zeitalter der Romanik. Diese Epoche lässt sich zeitlich grob zwischen den Jahren 950 und der Mitte des 13. Jh. ansiedeln.

Der romanische Stil ist in seinem Aufbau streng, oft monumental und hierarchisch. Architektur und Bilderkosmos werden wie ein Schrein entworfen, die Malerei unterstreicht die Architektur und entwickelt sich je nach Wichtigkeit des Dargestellten vom Sockel bis zum Gewölbe. Das Allerheiligste mit der Apsidenzone, dem Triumphbogen und den seltenen Chorgewölben ist dabei der bedeutendste Teil der Ausstattung. Es sind also nicht unbedingt charakteristische Formen in Architektur und Malerei, welche den romanischen Stil kennzeichnen. Ausschlaggebend ist ihr theologischer Grundgedanke, der sich unabhängig von Jahreszahlen als roter Faden durch die romanische Kunst zieht. Eine Weltanschauung, welche mehr als ein Stil ist. Es ist eine geistige Idee, die zu einem Bauwerk, zu einer Malerei oder zu einer Skulptur wird.

In den Kirchen findet man Fabelwesen, Meerjungfrauen, Kentauren und Säulenfresser. Diese Unwesen bevölkerten nach damaliger Weltanschauung die Randzonen der flachen Erdscheibe. Sie verdeutlichen den Gegensatz zwischen göttlicher Ordnung und Chaos. Der Maler solcher Szenen wird zu dieser Zeit auch nicht als Künstler wahrgenommen. Er ist ein unbekannter Handwerker, der im Dienst eines höheren Ganzen steht, der für seine Auftraggeber einen illustrierten theologischen Kosmos schafft.